Das thurgauische Zeichen der Erinnerung

Karolin Bräg (DE)

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Bilder
Standort
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Infos zum Kunstwerk

Datum

2023

Material

Rorschacher Sandstein, 3-teilig, Gespräch, Buch, Notizblätter, Ausstellung, Friedhof

Adresse

8596 Münsterlingen, Klosterstrasse 4

GPS

47°37'51.8"N 9°13'56.5"E

47.631029, 9.232349

Beschreibung

Das thurgauischen »Zeichens der Erinnerung« besteht aus dem »Haus der Erinnerung«, dem Vermittlungs­ort in der ehe­maligen Ab­dankungs­halle, das dort auf­liegende Buch, die Partner­zeichen am See bzw. in Kalchrain und der ehemalige Spitalfriedhof.

Das in Rorschacher Sandstein ausgeführte, archaisch anmutende »Haus der Erinnerung« bildet das Zentrum des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Auf seinen Seiten­flächen treten in der Handschrift von Karolin Bräg Gedanken in Erscheinung, die Betroffene im vertrauens­vollen Gespräch mit der Künstlerin geäussert haben. An den Schmalseiten wurden je ein Hausteil ab­getrennt und als »Partnerzeichen« an anderen Standorten im Kanton aufgestellt. Die drei Skulpturen erinnern an die leidvollen Vorgänge, denen Menschen durch fürsorgerische Zwangs­massnahmen, Fremd­platzierungen und Medi­kamenten­tests ausgesetzt waren. Die so ent­stehenden Verbindungen lassen das Netz staatlicher Institutionen erahnen, in das die Betroffenen seinerzeit gerieten. Aus dem zentralen Steinblock wurden an beiden Seiten je ein Steinelement entnommen, beschriftet undjeweils auf dem Gelände der Psychiatrie Münsterlingen und dem heuti­gen Mass­nahmen­zentrums Kalchrain gesetzt.

Die ehemalige Abdankungs­halle auf dem Spital­friedhof Münster­lingen ist heute ein Ver­mittlungs- und Gesprächsort des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Fünf Tafeln orientieren über das Projekt, den Spital­friedhof, die unrecht­mässigen, viel Leid verur­sachenden für­sorgerischen Zwangs­mass­nahmen und Fremd­platzierungen sowie die in berufs­ethischer Hinsicht frag­würdigen Medika­menten­tests. Das aufliegende Buch bringt eine Fülle von Gedanken von Betroffenen und Nicht-Betroffenen zum Ausdruck und verwebt ihre Aussagen zu einem eindringlichen Zeugnis. Es möchte anregen, die eigenen Gedanken nieder­zu­schreiben.

Erinnerung ist fort­gesetztes Gespräch über Vergangen­heit. Und das thurgauische »Zeichen der Erinnerung« ist ohne Gespräch nicht denkbar. Die Künstlerin selber führte sehr persön­liche Gespräche mit fünfzig Menschen, die auf unter­schiedliche Weise mit den Gescheh­nissen ver­bunden sind. Sie ver­dichtete deren Gedanken in über 200 authentischen Zitaten. Im Zentrum stand das ver­trauens­volle Mit­teilen und Zu­hören. In einem längeren Prozess wurden die Aussagen sorg­fältig aus­ge­wählt und für das Buch »Mit wem hätte ich reden können?« zusammen­gestellt. Das Buch liegt am Vermittlungs­ort auf dem Münster­linger Spital­friedhof auf. Dort und anderswo darf und soll das Gespräch weiter­gehen.

Der ehemalige Spitalfriedhof von Münster­lingen mit seinen letzten Gräber­reihen ist nicht nur Standort, sondern integraler Bestand­teil des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Hier wurden auch Verstorbene der nahe­gelegenen Psychiatrie beigesetzt. Nun bilden der Friedhof, das »Haus der Erinnerung«, der Vermittlungs­ort in der ehe­maligen Ab­dankungs­halle, das dort auf­liegende Buch sowie die Partner­zeichen am See bzw. in Kalchrain eine un­auflös­bare Einheit. (tg)

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