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Rorschacher Sandstein, 3-teilig, Gespräch, Buch, Notizblätter, Ausstellung, Friedhof
8596 Münsterlingen, Klosterstrasse 4
47°37'51.8"N 9°13'56.5"E
47.631029, 9.232349
Das thurgauischen »Zeichens der Erinnerung« besteht aus dem »Haus der Erinnerung«, dem Vermittlungsort in der ehemaligen Abdankungshalle, das dort aufliegende Buch, die Partnerzeichen am See bzw. in Kalchrain und der ehemalige Spitalfriedhof.
Das in Rorschacher Sandstein ausgeführte, archaisch anmutende »Haus der Erinnerung« bildet das Zentrum des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Auf seinen Seitenflächen treten in der Handschrift von Karolin Bräg Gedanken in Erscheinung, die Betroffene im vertrauensvollen Gespräch mit der Künstlerin geäussert haben. An den Schmalseiten wurden je ein Hausteil abgetrennt und als »Partnerzeichen« an anderen Standorten im Kanton aufgestellt. Die drei Skulpturen erinnern an die leidvollen Vorgänge, denen Menschen durch fürsorgerische Zwangsmassnahmen, Fremdplatzierungen und Medikamententests ausgesetzt waren. Die so entstehenden Verbindungen lassen das Netz staatlicher Institutionen erahnen, in das die Betroffenen seinerzeit gerieten. Aus dem zentralen Steinblock wurden an beiden Seiten je ein Steinelement entnommen, beschriftet undjeweils auf dem Gelände der Psychiatrie Münsterlingen und dem heutigen Massnahmenzentrums Kalchrain gesetzt.
Die ehemalige Abdankungshalle auf dem Spitalfriedhof Münsterlingen ist heute ein Vermittlungs- und Gesprächsort des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Fünf Tafeln orientieren über das Projekt, den Spitalfriedhof, die unrechtmässigen, viel Leid verursachenden fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen sowie die in berufsethischer Hinsicht fragwürdigen Medikamententests. Das aufliegende Buch bringt eine Fülle von Gedanken von Betroffenen und Nicht-Betroffenen zum Ausdruck und verwebt ihre Aussagen zu einem eindringlichen Zeugnis. Es möchte anregen, die eigenen Gedanken niederzuschreiben.
Erinnerung ist fortgesetztes Gespräch über Vergangenheit. Und das thurgauische »Zeichen der Erinnerung« ist ohne Gespräch nicht denkbar. Die Künstlerin selber führte sehr persönliche Gespräche mit fünfzig Menschen, die auf unterschiedliche Weise mit den Geschehnissen verbunden sind. Sie verdichtete deren Gedanken in über 200 authentischen Zitaten. Im Zentrum stand das vertrauensvolle Mitteilen und Zuhören. In einem längeren Prozess wurden die Aussagen sorgfältig ausgewählt und für das Buch »Mit wem hätte ich reden können?« zusammengestellt. Das Buch liegt am Vermittlungsort auf dem Münsterlinger Spitalfriedhof auf. Dort und anderswo darf und soll das Gespräch weitergehen.
Der ehemalige Spitalfriedhof von Münsterlingen mit seinen letzten Gräberreihen ist nicht nur Standort, sondern integraler Bestandteil des thurgauischen »Zeichens der Erinnerung«. Hier wurden auch Verstorbene der nahegelegenen Psychiatrie beigesetzt. Nun bilden der Friedhof, das »Haus der Erinnerung«, der Vermittlungsort in der ehemaligen Abdankungshalle, das dort aufliegende Buch sowie die Partnerzeichen am See bzw. in Kalchrain eine unauflösbare Einheit. (tg)